Klare Sicht aufs Ursprungsland - Für mehr Weitsicht im Welthandel
Dies ist keine Huldigung an die Schweiz - Heimatgefühle haben hier keinen Platz.
Stattdessen klare Rahmenbedingungen für die Regelung der Angabe: Ursprungsland Schweiz & Liechtenstein.

Abgesehen von Käse 🫕 🧀, einigen unbestrittenen Naturtalenten und einer Vielzahl von kulturellen Schätzen gibt es vergleichsweise wenige sog. "Urprodukte" in der Schweiz / Liechtenstein.
🇨🇭🇱🇮
Mit der stark im Welthandel vernetzten Wirtschaft, mit hochgradig differenzierten Produktions- und Innvoationsmethoden ist die Schweiz von einer Unmenge Komponenten, Know How und Fachkräften vom Ausland abhängig.
Anlass für diesen Blog gab ein interessanter Beitrag von SRF zur UEFA Women's EURO 2025, mit Einblick in einen ganz besonderen Auftrag im Textilveredelungsbereich:
🎽
Eine Unternehmung im Baslerischen Liestal bedruckt und "vollendet" jeweils die SpielerInnentrikots mit Badges und SpielerInnennummer /-Namen nach exakter Vorgabe der UEFA oder FIFA (je nach Tournier). ⚽️
Durch und Durch Handarbeit. Mit Massstab und Pinzette, fast schon in Präzisionstechnik, und gegebenenfalls sogar mit ein bisschen Stolz auf das Fussball Nationalteam.
Schau dir den Beitrag an:
https://www.srf.ch/play/tv/-/video/-?urn=urn:srf:video:f332cfca-724f-4346-b29f-6ad77a2cf750
🌍 Doch was bedeutet diese sorgfältige Wertschöpfung bezüglich Bestimmung des Ursprungslands?
Natürlich ist das Beispiel nicht plakativ für die Schweizer Exportindustrie: Die Tickets werden ja an der Heim-Europameisterschaft getragen. Sie werden nicht exportiert, wodurch die Frage hypothetisch bleibt...
Erlangen die Trikots Ursprungsland Schweiz durch die vorgenommenen Arbeiten in Liestal?
...Es wäre in der Tat schade, wenn die umfassende Handarbeit an den Trikots nicht für die Ursprungseigenschaft Schweiz reichen würde (vorausgesetzt, die Trikots selbst wurden von einem ausländ. Hersteller geliefert - wovon ausgegangen werden darf).
Schliesslich ist diese Bearbeitung im Wesentlichen schon fast charakterverleihend. Ein Trikot ohne Nummer, ohne SpielerInnenname und ohne Badge ist nicht viel mehr als ein handelsübliches Sportoberteil.
Ordnen wir ein:
Massgebende Einheit: Das Textilshirt (Annahme: HS Code 6114.30 und für TorhüterIn: HS Code: 6110.30) - Nicht die Druckerzeugnisse.
Ursprungsland ist im Grundsatz dasjenige Land, in welchem die letzte massgebliche Bearbeitung passiert an der massgebenden Einheit.
Die Ernüchterung - Minimalbehandlung.
Die Bearbeitung würde zwar einen grossen Teil des Werts ausmachen, reicht aber trotz der hohen Wertschöpfung nicht aus.
Der Grund dafür: sog. Minimalbehandlung, oder auch "nicht ausreichende Be- oder Verarbeitungen". Diese sind in den gesetzlichen Grundlagen aufgeführt: in der Verordnung
über die Beglaubigung des nichtpräferenziellen
Ursprungs von Waren (VUB) für die Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungslands oder in den Ursprungsbestimmungen zum Freihandelsabkommen für präferenziellen Ursprung.
Alle dort aufgeführten Behandlungen alleine, auch in Kombination resp. nacheinander ausgeführt, reichen nicht aus um Ursprung zu verleihen.
Geht die am Produkt vorgenommene Wertschöpfung durch Be- oder Verarbeitung über diese sog. "Minimalbehandlungen" hinaus,
nimmt die Ursprungsfrage eine nächste Hürde:
Es gelten Ursprungsregeln, welche erfüllt sein müssen, um Ursprungsland Schweiz (inkl. Liechtenstein) zu erlangen.
Wichtige Abgrenzung:
In dem Blog geht es um die Frage des Ursprungslandes. Das Land, welches auf der Verzollung, sowie auf den Handelsdokumenten als Ursprungsland der exportierten Artikeln angegeben werden muss.
--> Nicht zu verwechseln mit Herkunftsangaben und "Swissness", welche z.B bekannt sind als "Made in" oder durch Aufdrucken der Schweizer Kreuzes. ⛑️
https://www.kmu.admin.ch/kmu/de/home/praktisches-wissen/kmu-betreiben/etiketten/swissness.html
Toleranzen:
Präferenzieller Ursprung im Rahmen der Freihandelsabkommen:
In den meisten Abkommen gibt es eine sog. "allgemeine Werttoleranzregel", bsp.: Toleranz gem. Artikel 5, Anlage I des revidierten PEM-Abkommens. Diese liegt in aller Regel entweder bei 10 oder 15 (je nach Abkommen, sofern eine solche Toleranzregel vorgesehen ist).
WICHTIG: Die Toleranzregeln sind in Bezug auf die ausreichende Be- und Verarbeitung anzuwenden.
Anwendbar auf Nicht ausreichende Be- und Verarbeitungen / Minimalbehandlungen gibt es streng regularisch keine Toleranzregeln.
Nichtpräferenzieller Ursprung:
keine generell definierte Toleranzregel. Sofern mehr als eine Minimalbehandlung: Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) kann gegebenenfalls Ausnahmen und Toleranzen anwenden (siehe VUB Art. 11)
Theorie gut und Recht. Und unsere Trikots?
Die Tickets behalten folglich das Ursprungsland der letzten massgeblichen Be- oder Verarbeitung, was hier aufgrund der "Minimalbehandlung" nicht in der Schweiz ist - Somit gilt das Ursprungsland, des vorgängigen Be- oder Verarbeitungsstandorts - in der Regel also beim (hier im Beispiel ausländischen) Hersteller.
Was für einen Grad an Wertschöpfung würde für die rechtmässige Angabe Ursprungsland Schweiz (inkl. Liechtenstein) mindestens benötigt werden?
➡️ In Bezug auf unser Beispiel:
Die Trikots erhielten präferenziellen Ursprung durch folgende ausreichende Be- oder Verarbeitungen:
Wirken oder Stricken mit Konfektionieren (einschließlich Zuschneiden)
Spinnen von natürlichen und/oder synthetischen oder künstlichen Spinnfasern, mit Wirken oder Stricken
oder
Extrudieren von Garnen aus synthetischen oder künstlichen Filamen-ten, mit Wirken oder Stricken
oder
Stricken und Konfektionieren in einem Arbeitsgang
(sofern mehr als eine Minimalbehandlung vorliegt)
..Und durch nichtpräferenziellen Ursprung durch folgende ausreichende Be- oder Verarbeitung:
Wenn der Wert aller zu seiner Herstellung verwendeten Vormaterialien ausländischen Ursprungs 50 Prozent seines Ab-Werk-Preises nicht übersteigt;
wenn es aufgrund der Be- oder Verarbeitung in einer anderen Nummer des Harmonisierten Systems einzureihen ist als die zu seiner Herstellung verwendeten Erzeugnisse ausländischen Ursprungs;
oder wenn
allfällige spezifische ursprungsverleihende Be- oder Verarbeitungen nach Absatz 2 vorgenommen worden sind.
Wichtige Rechtsgrundlagen zu oben dargelegtem Sachverhalt:
Nichtpräferenzieller Ursprung:
https://fedlex.data.admin.ch/eli/cc/2008/271
- Zuständige Regionale Beglaubigungsstellen für Ursprungsbeglaubigungen - Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) VUB- Artikel 6
- Ursprungsauskünfte auf Anfrage - VUB Artikel 7
- Schweizerischer Ursprung - VUB Artikel 9
- Vollständige Gewinnung und Herstellung - VUB Artikel 10
- Ausreichende Be- oder Verarbeitung - VUB Artikel 11
- Inländische Vormaterialien - VUB Artikel 12
- Nicht ausreichende Be- oder Verarbeitung - VUB Artikel 13
Präferenzieller Ursprung
empfohlener Pfad zu richtiger Rechtsgrundlage: Im verlinkten PDF "R30 Freihandelsabkommen, Zollpräferenzen und Warenursprung" des BAZG, in den Ursprungsbestimmungen zu den jeweiligen Abkommen.
- Nicht ausreichende Be- oder Verarbeitungen (Minimalbehandlungen); Toleranzregeln und andere materielle / formelle Ursprungsbestimmungen der jeweiligen Abkommen - mit Klick auf die Ursprungsbestimmungen von z.B: EU (wird man auf die Bestimmungen des PEM-Übereinkommen weitergeleitet)
- Ausreichende Be- oder Verarbeitungen (Listenregeln, basierend auf Zolltarifkapitel resp. 4-stelliger HS-Code Nummer) der jeweiligen Abkommen.
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